Fischwirte gesucht!

Meeresrauschen, Freiheit, Abenteuer und Natur pur. Ein Leben, das sich wohl jeder wünschen würde. Tatsächlich sind es gerade mal 10 bis 12 junge Menschen, die sich jedes Jahr für die Ausbildung zum Fischwirt in der Küstenfischerei entscheiden – die Zahlen halten sich stabil auf diesem eher niedrigen Niveau. Die Ausbildungsbetriebe in der kleinen Küsten- und Hochseefischerei haben es nicht immer leicht, ihre freien Plätze zu besetzen. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Arbeit ist schwer, teilweise auch gefährlich, sie findet bei jeder Witterung statt und die Arbeitszeiten sind anders als in klassischen Berufen an Land. Die Abhängigkeit von den Gezeiten und die unterschiedlichen Entfernungen zu den Fanggründen verlangen jedoch eine größere Flexibilität. Die Kutter und ihre Besatzung sind häufig mehrere Tage ohne Unterbrechung unterwegs. Daran schließen sich dann aber entsprechend freie Tage an Land an.


Elke Rather (55) ist Ausbildungsberaterin für den Beruf Fischwirt bei der Landwirtschaftskammer in Niedersachsen. Sie kann sich vorstellen, dass die wirtschaftliche Situation der Fischerei, die insgesamt Schwankungen unterworfen ist, junge Menschen abschrecken könnte. Positiv sieht sie die Veränderungen in der Vermarktung, wie sie die EzDK zum Beispiel vollzogen hat. Die stabilen Preise sichern die Zukunft der Fischer und eben derer, die es werden wollen. Elke Rather weiß aus ihrer Erfahrung: „Wer Fischwirt werden will, steht mit Leib und Seele hinter diesem Beruf. Ein Vorteil ist es sicherlich, wenn man aus einer klassischen Fischerfamilie stammt oder an der Küste aufgewachsen ist.“ Selbstverständlich ist die Ausbildung zum Fischwirt auch ohne einen solchen Hintergrund eine interessante Option.

Der Weg zum Fischwirt führt über eine dreijährige duale Berufsausbildung. Die Ausbildung erfolgt in anerkannten Ausbildungsbetrieben. Außerdem gehen die Auszubildenden zur Berufsschule, die überregional in Blockform für alle niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Auszubildenden in Rendsburg stattfindet. Ist die Ausbildung geschafft, geht es über die Tätigkeit in einem Fischereibetrieb häufig zum Nautischen Befähigungszeugnis Küstenfischerei (Nautiker BKü) und in die Meisterfortbildung, um selbst Kutter fahren zu können, auszubilden und sich mit eigenem Schiff selbstständig zu machen.

Elke Rather ist von den Vorteilen des Berufsbildes überzeugt: „Der Beruf hat sehr viele Freiheiten, man ist draußen in der Natur, auf dem Wasser. Wer das mag und Lust auf Seefahrt hat, der sollte es ausprobieren. Ich empfehle allen Interessenten vor Ausbildungsbeginn ein Praktikum zu machen, um einen ersten Einblick in den gewünschten Beruf zu bekommen.“

Mit Herzblut zum Traumjob

Für Gerold Conradi (54) ist die Fischerei ein Traumjob, er möchte nichts anderes machen. Auf die Frage, warum er Fischer geworden ist, antwortet er lachend: „Das hat mein Vater 9 Monate vor der Geburt festgelegt“. Conradi bildet schon seit 30 Jahren junge Menschen in seinem Beruf aus und hat in manchen Jahren Probleme, Nachwuchs zu finden. Grund dafür sind aus seiner Sicht meist falsche Vorstellungen von der Arbeit: „Manch einer denkt, er könne angeln und deshalb auch fischen, aber das ist nicht so! Das hier ist ein richtig harter Job. Man darf ihn nicht wegen des Geldes machen, sondern weil man ihn mag. Wir sind wenig zuhause, es scheint nicht immer die Sonne und der Arbeitsplatz bewegt sich ununterbrochen. Ohne Herzblut kommt der Punkt, an dem man keine Lust mehr hat und nach Hause will. Gerade, wenn man erst 16 Jahre alt ist“.

Als Gerold Conradi 16 Jahre alt war, haben seine Eltern ihn auf das vorbereitet, was ihn erwartet. Gnadenlos sei das gewesen und einfach ehrlich. „Ich wusste, was auf mich zukommt und vor allem war mir klar, dass ich arbeiten müsste, wenn meine Freunde frei hätten.“ Und genau das sagt er heute den jungen Bewerbern bereits im Vorstellungsgespräch. Nicht um abzuschrecken, sondern um ein realistisches Bild zu zeichnen. „Ich weiß, dass einige nach dem Gespräch dachten, ich würde sie nicht haben wollen. Wenn ich sehe, was aus meinen Azubis geworden ist, bin ich sehr stolz. Nicht jeder ist in der Fischerei geblieben, aber alle in der Seefahrt. Mein erster Lehrling ist jetzt seit über 20 Jahren mit einem eigenen Kutter selbstständig.“

Tatsächlich sind Fischwirte bei den Arbeitgebern in der Seefahrt gefragt. Natürlich muss man sich für andere Berufe im Bereich Offshore oder bei Fährschiffreedereien weiter fortbilden – aber Fischwirte wissen, was Arbeit bedeutet und das wissen auch die Arbeitgeber. Conradi beschreibt es als echtes Seemannshandwerk, das bei ihm und anderen Betrieben noch erlernt wird. Darüber hinaus werden Jungs zu Alleskönnern: „Azubis, die zu mir an Bord kommen, die lernen putzen, kochen, Netze machen, Fischverarbeitung, Maschinenwartung, Nautik – alles.“ Er selbst hat an Bord gelernt zu kochen und kocht heute auch leidenschaftlich gerne zuhause (s. Geschenktipp).

Dass weiter ausgebildet werden müsse, sei für sie alle überlebenswichtig, sagt Conradi: „Es gibt nur eine bestimmte Anzahl an Betrieben, die ausbilden, aber alle Schiffe rufen nach Personal. Gerade diesen Winter ist die Nachfrage wieder sehr hoch. Die Fischerei hat Zukunft, aber wir müssen auch selbst dafür sorgen, dass der Beruf erhalten bleibt.“

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